Die Russland-Ukraine-Krise

Eine persönliche Meinung:

Mir scheint dieser drohende Krieg zwischen Russland und der Ukraine eher wie ein Bürgerkrieg. Ein Despot will den unbotmässigen Teil des Landes, der nach Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit strebt, zur Raison bringen. Und das mit Gewalt. Es geht nicht um die Krim, es geht auch nicht um die Ost-Ukraine. Es geht um das Bild von Russland als bedeutender Macht auf dem internationalen Parkett, das schon die Zaren pflegten. Zar Putin hat seinen Vorgängern vorgeworfen die mächtige Sowjetunion leichtfertig zerschlagen zu haben. Er hängt der Machtvollkommenheit der UDSSR hinterher, ohne anderen Staaten – insbesondere den ehemals unterdrückten Nachbarn – ihre eigene Souveränität zuzubilligen. Alles soll auf Zar Putins Kommando hören, der mittlerweile bald 70 wird und sein letztes, großes Vorhaben jetzt umsetzen will. Er will die Ukraine wieder unter sein Regime bringen. Mit solchen Zaren haben die Ukrainer nur schlechte Erfahrungen gemacht. Stalin, der rote Zar aus Georgien, liess die Ukrainer sogar millionenfach verhungern, ohne einen Finger zu rühren.

50 Prozent der Bewohner der Ukraine sprechen zu Hause Russisch und sind mit Menschen in Russland familiär verbunden. Umgekehrt leben 5 Millionen Ukrainer in Russland, auch mit familären Verbindungen zu Menschen in der Ukraine. Niemand will den Krieg, denn jeder Bürgerkrieg ist furchtbar und erfordert umermesslich viele Opfer.

Der Westen, die NATO und die EU sind im Grunde und trotz große Töne dazu verdammt zuzuschauen. Menschenrechte und sogar Menschenleben zählen bei Zar Putin nicht. Eine Gaspipeline mehr oder weniger, ein paar Milliarden, die die russischen Oligarchen verlieren, das alles zählt bei Putin nicht. Das angeknackste Ego eines Sowjetmenschen, eines KGB-Offiziers, muss wieder hergestellt werden – koste es was es wolle. Sanktionen schnippt er mit dem Finger aus dem Weg.

Natürlich fühlt man sich als Deutscher nicht gut dabei die Ukrainer gefühlt irgendwie in Stich zu lassen und nur zu appellieren oder auf das Völkerrecht hinzuweisen. Aber vom Krieg haben wir Deutschen die Schnauze voll, hoffentlich für immer. Das heisst also Frieden um jeden Preis, solange wir bzw. unsere Verbündeten nicht angegriffen werden. Und selbst dann werden wir noch alle erdenklichen Gesprächskanäle offenhalten.

Der eigentliche Kontrahent Putins sind die USA, von denen er endlich auf Augenhöhe beachtet und respektiert werden will. Gerade so, wie damals im Kalten Krieg. Allerdings spielt heute ein Dritter mit: China, der lachende Dritte.

Europa hat Stärken und Schwächen, aber in diesem Konzert spielt es keine Geige. Sollte Zar Putin aber wirklich diesen Bürgerkrieg vorantreiben, wie er es in der Ost-Ukraine und auf der Krim bereits bewiesen hat, dann wird ihn sein eigenes Volk hinwegfegen oder gleich mit verbundenen Augen nach Jekatarinburg in einen dunklen Keller führen. Aber noch ist es nicht soweit. Noch sind Russen und Ukrainer Europäer – hoffentlich.

Update: Seit dem 24.02.2022 ist der befürchtete Konflikt kein „drohender“ Krieg mehr, sondern bereits eingetreten. Mehr dazu