Lebensmittel-Tafeln gegen Algorithmen

Die Lebensmittel-Tafeln in Deutschland, und damit auch ihre Kunden, stehen gegenwärtig unter Stress. Es können immer weniger Lebensmittel „gerettet“ werden.

Die Discounter, bislang die Hauptlieferanten für zu rettende Lebensmittel, verbessern ihr Einkaufs- und Lagerhaltungsmanagement durch entsprechende Software. Es wird genau erfasst, wann, welche Lebensmittel über den Ladentisch gehen und auch die „Verweildauer“ der Waren im Supermarkt wird nach Warengruppen aufgeschlüsselt. Der Algorithmus bestimmt, was, wann, wo geliefert, gelagert und ausgegeben werden soll, und das auf die Minute genau. Der Sinn dahinter ist natürlich eine Kostenersparnis durch „Just-in-time“-Bestellungen und Lieferungen. Die Folge ist, dass immer weniger Lebensmittel entsorgt werden, weil sie – just-in-time – verkauft werden konnten. Das ist natürlich sehr erfreulich, denn in Deutschland werden immer noch fast 85 kg jährlich pro Kopf in den (Bio-)Müll geworfen.

Andererseits basiert das System der Lebensmittel-Tafeln genau auf dieser Lücke, die bislang immer noch gut gefüllt werden konnte.

Aber nicht nur das stringentere Management der Discounter und des Großhandels sorgt für eine Verknappung der „sozial“ zur Verfügung stehenden Lebensmittel. Es ist auch die galoppierende Inflation. Das Geld, was Rentner, prekär Beschäftigte und Arbeitnehmer ohne Dienstwagen und Vorzimmer zur Verfügung haben, wird immer weniger Wert. Mieten und die Nebenkosten für die warme Wohnung und Licht am Abend nagen am Lebensunterhalt. Normalerweise können die Tafeln für eine Minderung der Härte sorgen. Vielen Menschen bleibt nicht anderes übrig, als eben auch an den Lebensmitteln zu sparen. Seltsamerweise sind auch die billigen Ravioli-Dosen mittlerweile eine Preisklasse höher gerutscht, aber das nur nebenbei. In Anbetracht der gehorteten „Sonnenblumen-Öl“-Paletten, die durch die Medien geistern, ist auch nicht abzustreiten, dass auch die Discounter ihren Schnitt machen wollen.

Natürlich bringt auch die derzeit große Nachfrage durch geflüchtete Mitmenschen aus der Ukraine die Mitarbeitenden bei der Tafel in Bedrängnis, und auch in eine Gewissensnot. Niemand soll schließlich ohne Lebensmittel wieder weggeschickt werden müssen.

Der Austausch der Tafeln untereinander findet zur Zeit nicht mehr statt, denn alles wird vor Ort gebraucht und zum Tauschen ist nicht da.

Ist das System der Tafeln am Ende? Wohl eher nicht, denn irgendwann normalisieren sich die Verhältnisse wieder. Der Krieg in der Ukraine geht irgendwann – wie auch immer – zu Ende und die Inflation hat, so sagen es einige Wirtschaftsweise voraus, ihren Höhepunkt erreicht. Für den knapper werdenden Nachschub von den Discountern und Großhandelsketten werden die Tafeln allerdings Alternativen suchen und finden müssen. Hier sind private Haushalte angesprochen oder auch gezielte Spendenaktionen, mit Ständen und Sammelbüchsen vor den Supermärkten, wären eine Möglichkeit. Die Tafeln jedoch müssen kalkulieren können, und das ist mit sporadischen Lebensmittel-Zuflüssen nicht möglich. Auch leiden die Tafeln selbst unter der Preissteigerung bei den Energiekosten. Die Kühltruhen müssen laufen und das Benzin für die kleinen Sammel-LKW gibt es auch nicht gratis.

Es gibt Tafeln die spielen aus Verzweiflung mit dem Gedanken selbst Waren auf eigene Rechnung zu kaufen, um überhaupt den Hilfesuchenden etwas anbieten zu können. Das zeigt wie groß die Not schon ist, denn das „auf eigene Rechnung kaufen“ widerspricht absolut dem Gedanken und der Idee hinter den Lebensmittel-Tafeln. Harte Zeiten erfordern jedoch Flexibilität auf allen Seiten, auch bei den Behörden.

Man mag es kaum noch sagen, aber hier sind die Kommunen und damit wieder der Steuerzahler gefordert. Die Kommunen bzw. die Länder und der Bund müssen schnell handeln und für Entlastung sorgen, wenn sie auch in Zukunft noch auf eine Lebensmittel-Tafel im für alle erreichbaren Nahbereich verweisen wollen.

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