Ein Recht auf analoges Leben

Meinung:

Ich fordere nach wie vor das Recht für alle Menschen auf eine analoge Welt. Das mag sich sehr abstrakt anhören, und das ist es vielleicht auch. Aber es wird schnell verständlich, wenn man sich mal in unserem Alltag umschaut.

Einige Bespiele: Wenn ich mit der Bahn fahren will oder muss, dann kann ich mir keine Fahrkarte mehr am Schalter kaufen, weil es den nicht mehr gibt. Eine Fahrkarte kann ich nur noch per App mit meinem Wischtelefon beschaffen. Sehr oft bereits haben Ämter und Behörden ihre Dienste bereits ins digitale Nirwana verlagert und in aller Regel benötigt man eine App auf dem Wischtelefon. Ein weiteres Beispiel sind Supermärkte, die immer mehr zum Einkauf über eine App drängen und sogar Läden einrichten, die gänzlich ohne Personal (und Schließzeiten) auskommen sollen. Bei Banken und Sparkassen läuft es ähnlich. Haben Sie schon mal versucht Kleinigkeiten an ihrem Auto selbst zu reparieren? Da geht (fast) nichts mehr. Das Auto muss erst ausgelesen werden. Wissen Sie, was dort alles ausgelesen wird? Gewiss nicht.

Vor das WIE setzte ich ein dickes Fragezeichen.

Das normale Leben verlagert sich also in Digitale und damit wird der Boden bereitet für eine totale Überwachung. Man kann Verständnis dafür haben, denn ein Staat braucht einige Daten über seine Bevölkerung, um seine Aufgaben planen und vorbereiten zu können. Aber vor das WIE setzte ich ein dickes Fragezeichen.

Um überhaupt mit der Bahn fahren, Anträge stellen und einkaufen zu können, benötige ich ein Mobiltelefon, in der Regel auch chinesischer Produktion mit taiwanesischen Chips darin. Um dieses Mobiltelefon betreiben zu können, muss ich fast immer bei Google oder Apple ein Konto eröffnen. Ohne solch ein Konto kann man bestenfalls mit dem Ding noch telefonieren oder Fotos machen. Hinzu kommt, dass die Apps von deutschen Behörden und Firmen unwahrscheinlich viele Daten, für den Betrieb aber unnötige Daten, einsammeln und diese dann bei den großen amerikanischen Serviceanbietern lagern. In den USA haben CIA, NSA und wie sie alle heißen, Zugriff auf diese Daten. Die NSA weiß also genau, wann Sie morgens mit Bahn zur Arbeit pendeln, wo Sie beschäftigt sind und wie Ihr Chef heißt. Ober ob Sie Müsli lieben. Besonders prekär kann es bei der Krankenversicherung werden, die allgemein auch nicht mehr mit ihren Kunden zu tun haben will, und alles „über die Karte laufen lassen“ will.

Wer viele Daten besitzt, hat einen Schatz in der Hand, und kann mit den schnell hergestellten Verknüpfungen viel Unsinn anstellen, aber auch Macht und Druck ausüben. Bestes Beispiel: Face-Pay in Moskau und die totale Überwachung in China. Wissen Sie wo überall bereits Kameras hängen und Ihre Bewegungen verfolgen? Wissen Sie wo Ihr Gesicht bereits erfasst wurde? Warum wohl wird Bezahlen mit Karte propagiert, und das, obwohl Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel ist?

Nebensache und Nebenwirkungen

Ein weiterer Aspekt ist die Verlagerung der Sorge um die Datensicherheit. Nicht die Firmen oder Behörden kümmern sich um die Sicherheit meines Wischtelefons. Google und Apple tun dieses auch nur vordergründig, denn daran haben sie als Datensammler eigentlich ja auch kein sonderliches Interesse. Nein, ich als Besitzer des Knochens muss das tun. Mal abgesehen davon, dass ich auch die Anschaffung bezahlen muss. – Dass die Verantwortung für die Sicherheit der eigenen Daten beim Nutzer liegt, ist ein wunderbares Einfallstor für Interessierte, die ein ganzes System oder ein ganzes Netz lahmlegen wollen. Man kennt die Bequemlichkeit der Endkunden.

Zum Thema Blackout und Ohne Strom läuft gar nichts, muss wohl nicht mehr gesagt werden. Ohne Strom gibt es keine Überwachung, aber wir erwachen auch in einer ganz anderen Welt.

Ein Wort noch: die Digitalisierung macht viele Menschen arbeitslos und schafft so eine Masse an verfügbarer Arbeitskraft, ganz im Sinne des Kapitals. In der „schönen, neuen digitalen Welt“ zählt nicht der Mensch, nur seine Kaufkraft!

Vielleicht konnte ich mit einigen Sätzen deutlich machen, warum ich das Recht auf eine Analoge Welt für alle fordere – zumindest gleichberechtigt neben der digitalen Welt.

Fast hätte ich gesagt, solange es noch Strom gibt. Aber das wäre Schwarzmalerei.